Murenwald
Sanierung Klettergarten Murenwald
Die kleine Ortschaft Gurtnellen im Urner Oberland ist bekannt für seinen ausgezeichneten Granit. Dies bezieht sich in erster Linie auf die Gewinnung des harten Rohstoffs aus verschiedenen Abbaustellen, wobei der Steinbruch «Güetli» nördlich von Gurtnellen mit Abstand das ergiebigste Vorkommen darstellte. Als Kletter-Destination für Liebhaber der Vertikalen fliegt Gurtnellen eher unter dem Radar. Mit der Hochflue, über dem Alpweg nach Gorneren gelegen, existiert zwar ein erschlossenes Klettergebiet mit diversen MSL-Routen. Der Besucherandrang hält sich aber in überschaubaren Grenzen. Der auffälligste Granitbuckel beherbergt mit «Plattentanz» eine inzwischen sanierte MSL-Route, die Ende der Achtzigerjahre als «wildes Unternehmen» galt. In den markanten Plattenschüssen weiter hinten im Tal eröffneten Paul Zurfluh und Richi Schilter weitere lohnende Routen. Diese wurden von Paul Zurfluh inzwischen ebenfalls saniert und erhalten dadurch hoffentlich wieder etwas mehr Aufmerksamkeit.
Ein Stockwerk tiefer, über dem kleinen Weiler Muren, entdeckte ich vor rund vierzig Jahren zusammen mit Hans Zgraggen und Martin Huber das Potential für einen Klettergarten in plattigem Granit. In Handarbeit bohrten wir rund 10 Linien ein, was – gemessen am heutigen Standard – zu furchterregenden Hakenabständen führte. Es verwundert daher nicht, dass dieser Klettergarten in Vergessenheit geriet und mit der Zeit wieder verwilderte. Im Frühling 2005 ersetzte ich einen Teil des Hakenmaterials durch rostfreie Bohrhaken, verringerte die Abstände zwischen den Sicherungspunkten und platzierte neue Umlenker am Ende der Routen. Dann lockten aber neue Projekte und das dringend nötige Putzen der Linien wurde auf die lange Bank geschoben…
Am Samstag, 24. Mai 2025 rückte der Klettergarten Murenwald dann plötzlich wieder in den Fokus: Die Vereinigung der «Urner Kletterfinken» setzte auf dieses Datum hin einen sogenannten «Rebolting-Tag» am Marchstöckli (Schächental) auf das Programm. Leider verhinderte ein Kaltlufteinbruch mit tiefer Schneefallgrenze die geplante Durchführung. Das kurze Zwischenhoch an diesem Samstag wollten wir aber trotzdem für Aktivitäten nutzen; umso mehr, als sich auch einige junge Neumitglieder für diesen Sanierungstag gemeldet hatten. Spontan beschlossen wir daher, unseren Arbeitseinsatz im Murenwald zu leisten.
So ganz wohl war es mir bei dieser Sache aber nicht. Die sehr kurzfristige Umdisposition erlaubte mir keine vorgängige Rekognoszierung mehr: Wie sah der Klettergarten wohl nach so vielen Jahren Abstinenz generell aus? War der Zustieg nicht komplett verwildert und zugewachsen? Welchen Anklang fand das vorhandene, reibungslastige Routenangebot wohl bei meinem Clubkollegen? Es waren alles Fragen, die mich am Vorabend des Anlasses nur schlecht einschlafen liessen.
Anderntags, beim vereinbarten Treffpunkt in Erstfeld, spürte ich eine gewisse Erwartungshaltung der Teilnehmer. Alle waren gespannt auf diesen Klettergarten, der da zu neuem Leben erweckt werden sollte. Beim Ausgangspunkt in Gurtnellen wurde schliesslich das ganze Material wie Bohrmaschinen, Bohrhaken, Akku-Flex, Stahlbürsten und Pickel auf sechs Schultern verteilt. Wie befürchtet, war der früher problemlose Zustieg durch den Wald infolge von ausgeführten Holzerarbeiten nun etwas beschwerlicher und vor allem unübersichtlicher geworden.
Mehr Sorgen bereitete uns aber die angetroffene Feuchtigkeit, welche die Granitplatten überzog. Im Einklang mit den beim besten Willen nicht weg zu leugnenden Flechten und Moospölsterchen entpuppte sich das Ganze als extrem «schliffrige» Rutschbahn. Ich spürte beim Blick in die Runde eine Mischung aus Skepsis und Ratlosigkeit. Als Kurt in einem Energieanfall die ersten Sträucher umsäbelte, ging ein Ruck durch das ganze Team: «Wenn wir jetzt schon vor Ort sind, packen wir das Ganze auch an!» kommentierte mein Bruder seine Rodungsbemühungen.
Mit Fabian und Severin im Schlepptau erklomm ich wenig später das einigermassen gut zugängliche Felsband, wo wir zwei Statikseile fixieren und damit ein erstes Mal über die Wand abseilen konnten. Mit der zunehmenden Sonneneinstrahlung sah das ganze Unternehmen schon bald etwas freundlicher aus. Verteilt auf zwei Teams, begannen wir mit dem Setzen der ersten Bohrhaken und der Beseitigung von Humus und Flechtenbelag. Unsere jüngsten Teilnehmer fassten die beiden mitgeführten Bohrmaschinen und platzierten konzentriert die neuen Sicherungspunkte.
Dabei legten wir grossen Wert auf eine enge, benutzerfreundliche Ausrüstung der Linien, die ein völlig gefahrloses Klettern ermöglichen sollten. Am Wandfuss unten legten sich Armin und unser Präsident Bruno beim Planieren der Einstiegsbereiche mächtig ins Zeug. Mit einem sechsköpfigen Team ist die Arbeitsteilung bei so einer Sanierungsaktion gar nicht so einfach. Mit dem Ausholzen am Wandfuss, dem Reinigen der ersten Klettermeter und der optimierten Wegführung zum Klettergarten war die Bodenmannschaft aber gänzlich ausgelastet. In der Wand selber harmonierten die beiden Zweierteams ebenfalls hervorragend. Nach einer kurzen Zninipause surrten die Bohrmaschinen munter weiter und die Stahlbürsten kratzten unentwegt über die Felspartien. Die anfängliche Skepsis war einer durchwegs guten Stimmung gewichen. Eine fortschreitende Abtrocknung der Granitplatten verstärkte diesen Effekt.
Die Demontage der alten Ringbohrhaken nahm dagegen nur wenig Zeit in Anspruch. Meistens konnten sie mit ein paar gezielten Hammerschlägen aus der Wand bugsiert werden. Wo dies nicht gelang, half die mitgeführte Akku-Flex. Durch die angestrebte Absicherung der Kategorie «super» verdreifachte sich die Anzahl der Fixpunkte. Dies ermöglicht nun eine nervenschonende Wiederholung der sanierten Linien. Gegen 16 Uhr waren sechs der insgesamt zehn Routen fertig gestellt und mit rund 70 neuen Bohrhaken bestückt. Zeit für ein Feierabendbier! Die restlichen Routen werden in einer späteren Aktion saniert und ebenfalls ordentlich geputzt. Anschliessend werde ich ein Topo verfassen und auf dieser Website publizieren. Herzlichen Dank an die tatkräftigen Helfer in der Wand und am Boden für den tollen Einsatz und die stets gute Zusammenarbeit.