Haslital
Klettern rund um Meiringen
Im Dreieck Brünig-Hasliberg-Meiringen stehen unzählige «Flüö», die wie geschaffen für den Klettersport sind. Der quergebänderte Fels mit seinen unverschämt griffigen Strukturen erlaubt es, auch überhängende Passagen in meist moderaten Schwierigkeiten zu überwinden.
In den letzten Jahren wurden einige dieser Klettermöglichkeiten umfassend saniert und benutzerfreundlich abgesichert. Geblieben ist die Zurückhaltung der einheimischen Protagonisten bezüglich Veröffentlichungen und Herausgabe von Topos.
Diesem Umstand zolle ich Respekt: Deshalb werde ich an dieser Stelle keine Details über Zugang, Lage und die Namen der entsprechenden «Flüö» nennen. Zu dritt reisten wir durch das liebliche Obwalden in Richtung Brünig.
Für meinen Bruder Kurt und mich sollte mit dem heutigen Ziel verlockendes Neuland zu entdecken sein. Beat kannte diesen Klettergarten bereits von zwei vorhergehenden Besuchen. Auf verschlungenen Pfaden führte uns der Insider an den Wandfuss, wo funkelnde Bohrhakenlaschen verheissungsvoll die verschiedenen Möglichkeiten aufzeigten.
Wir starteten gemächlich mit einer griffigen 6a+-Linie, die rund 30 Meter gegen den Himmel hochführte. Es war der perfekte Einstieg in einen genussvollen Klettertag. Zu dritt in einem Klettergarten unterwegs zu sein ist zwar zweitraubender als im Doppel. Dafür erhält man immer wieder eine willkommene Pause, in der man neue Linie auskundschaften oder seine Kollegen fotografieren kann.
Für uns passte es an diesem Tag ausgezeichnet. Nach vier wirklich lohnenden und langen Routen wechselten wir wegen der intensiver werdenden Sonneneinstrahlung den Sektor und pilgerten dem Wandfuss entlang gegen Osten. Hier lagen die Einstiege in einem dichten Buchenwald, der angenehmen Schatten spendete. Dies wussten natürlich auch Sue und Lorenz Wenger, die dort bereits aktiv am Werk waren. Das unermüdliche Kletterpaar hat über Jahrzehnte grossartige Erschliessungsarbeit rund um Meiringen geleistet und ist heute noch – mit Jahrgang 1948 – sehr oft an den heimischen Felsen unterwegs. Die sehr nette Begegnung freute uns echt. Dank den wohlwollenden Tipps von Lorenz kamen wir auch in den Genuss der besten Linien in diesem erst kürzlich sanierten Sektor.
Besonders empfohlen wurde uns von «Lori» eine seiner Kreationen aus dem Jahre 1978(!). Dies sei wohl die beste Linie im ganzen Gebiet. Wenn das keine verlockende Ansage war, was dann? Tatsächlich wurde uns nicht zu viel versprochen! Die volle 40 Meter messende Linie führte in beeindruckender Manier durch eine leicht drückende Mauer und berauschte uns mit ihrer Vielfalt an Griffen.
Von unten sah das Ganze brutal schwer aus, entpuppte sich dann aber dank vielen positiven Henkeln als für uns machbare Option im Bereich 6b+/6c. Herzlichen Dank und eine riesige Hochachtung für Sue und Lorenz Wenger. Die unschätzbare Fleissarbeit zu Gunsten der kletternden Gemeinschaft kann nicht genügend gewürdigt werden.
Drei Tage später sind wir in gleicher Besetzung wieder «ännet em Briinig» unterwegs. Diesmal kennen Beat und ich bereits schon die anvisierte «Flüö». Für Kurt wird es erneut eine jungfräuliche Felsbastion sein. Der Temperaturrückgang der letzten Tage verspricht guten Grip. Allerdings ist es beim Sichern fast zu kühl, weshalb wir uns gerne die mitgeführten Jacken überziehen.
Wie gewohnt starten wir eher sanft mit einer 6a+. Die Linie sieht von unten nicht sehr verheissungsvoll aus, was sich aber schnell als Trugschluss herauskristallisiert. Die vom Wandfuss nicht sichtbaren Tropflöcher verleihen den Kletterwegen ihre nötige Würze. Die Adhäsion auf dem geraffelten Gestein ist phänomenal.
Trotz einem Samstag sind wir den ganzen Tag allein in diesem Gebiet, das in drei Sektoren rund 45 lohnende Linien im Bereich 6a – 7a+ im Angebot führt. Bereits 1975 erfolgten durch den Wenden-Altmeister Peter Lechner sowie Roger Christen, Michal Pitelka und natürlich Lorenz Wenger erste Vorstösse in dieses steile Gemäuer. Davon zeugen noch heute ein paar belassene Holzkeile und handgeschmiedete Eisenstifte.
Mittlerweile ist das der ganze Klettergarten vorbildlich saniert und geputzt worden. Wir bleiben unserem Sektor treu und reihen Linie an Linie aneinander. Es gibt Risse, Verschneidungen, kurze Pfeiler, Dachaufschwünge und immer wieder schöne Tropflochplatten.
In den kurzen Kletterpausen erkunden wir entlang einiger Fixseile den linken Teil der Fluh, wo einige steile Linien in die Dächer hochziehen: Projekte für einen nächsten Besuch!
Mit zwei genussvollen Routen, die beide in der gleichen Verschneidung starten, dann aber einmal links und das andere Mal rechts an einem markanten Dach vorbeiziehen, beenden wir unseren Klettertag.
Es hat erneut enormen Spass gemacht. Dafür danke ich ganz herzlich meinen zwei Kletterfreunden Beat und Kurt. Ein grosses Dankeschön geht natürlich auch an die Erschliesser und Sanierer dieser «Kletterflüö» im Haslital. Ihr habt tolle Arbeit geliefert!