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Göscheneralp

Klettergarten Göscheneralp, 6b – 7a+
Perfekt terminiert auf die nach der langen Wintersperre erfolgte Strassenöffnung können Stine und ich einen Klettertag in der Göscheneralp einplanen. Da es um diese Zeit im sonst stark frequentierten Hochtal zum Glück noch etwas beschaulicher zugeht, wählen wir für unsere Aktivitäten einen Klettergarten aus. Zwar wäre von der Schneesituation auch ein MSL-Ziel durchaus machbar, aber dies sparen wir uns für jenen Zeitraum auf, wenn es in den Klettergärten zu warm oder zu hektisch wird. Nach einem halbstündigen Aufstieg und etwas «Bushwacking» gelangen wir zur Abseilstelle, welche uns ins «gelobte Land» bringen soll. Da wir kein Fixseil dabeihaben und daher zwingend über eine der Routen wieder aussteigen müssen, lassen wir unser Seil erstmal hängen und checken die Verhältnisse der Routen. Wie befürchtet sind einige der Linien durchgehend von Schmelzwasser getränkt, andere sind nur partiell nass.

Mit der gewonnenen Erkenntnis, dass zwei der potentiellen Ausstiegsrouten im Bereich 6b trocken sind, ziehen wir unser Kletterseil ab und richten uns auf dem perfekt herausgepickelten Band gemütlich ein. Nun haben wir die Qual der Wahl! Zahlreiche, perfekt herausgeputzte Linien mit optimaler Absicherung schiessen vom Band weg in die Höhe. Da haben wir für den heutigen Tag genügend Arbeit. «Wir müssen am Schluss, wenn wir uns total verausgabt haben, einfach noch irgendwo hochkommen» sage ich schmunzelnd zu Stine. Der Auftakt macht ein verlockender Riss, der im Innern aber noch feucht ist, was diese Aufwärmübung doch noch zu einem echten Prüfstein macht. Die offenen Risse und die teils vom Gletscher glattgeschliffen Begrenzungswände bedürfen etwas Gewöhnung. Bald aber läuft es uns besser und wir geniessen den Aufenthalt an diesem idyllischen Ort.

Mit viel Fleiss und harter Knochenarbeit haben René und Pierre dieses Kleinod aus der Taufe gehoben und eine Fülle an perfekten Kletterlinien bis 7c+ kreiert. Unzählige Tage haben sie bereits in ihrem Gärtchen verbracht und werden wohl noch die eine oder andere Knacknuss hinzufügen. Die bis zu 40 m langen Routen bieten viel Abwechslung. In den einfacheren Linien dominiert Riss- und Verschneidungskletterei. Die harten Sachen führen in steiler Manier durch die scheinbar glatten Granitfluchten. Bei näherer Betrachtung findet man aber kaum wahrnehmbare Rissspuren, kleinste Leisten und Schüppchen, die ein kniffliges Weiterkommen erlauben. Obwohl es erst Anfang Mai ist, brennt die Sonne bereits schon kräftig auf unsere Helme und Schultern nieder.

Für die verdiente Mittagsrast suchen wir daher ein Plätzchen im Schatten der wenigen Birken. Da diese aber so früh im Jahr noch keine Blätter tragen, wird dieses Unterfangen definitiv zur «Mission Impossible». Glücklicherweise spenden im Tagesverlauf ein paar aufziehende Wolken über Feldschijen und Lochberg etwas gnädigen Schattenwurf, was uns auch die Kletterei erleichtert. Route um Route packen wir an, stets im Hinterkopf aber das Bewusstsein, für den Schlussaufstieg noch etwas Ressourcen zu sparen. Am späteren Nachmittag erlahmen langsam die Schulterblätter: höchste Zeit für den Aufbruch!

Wir stopfen alles Material in einen Rucksack, den die tapfere Stine im Nachstieg über die anvisierte Schlussroute hochschleppen muss. Welch ein Unterschied zum unbeschwerten Sportklettern mit leichtem Klettergurt und Magnesiabeutel! Müde und zufrieden erreichen wir unser deponiertes Vehikel und machen in Wassen einen erholsamen Zwischenstopp bei Weizenbier und Schnupftabak! Herzlichen Dank an Stine für den genialen Klettertag und natürlich auch eine verdiente Gratulation für deinen Sprung in einen neuen, persönlichen Schwierigkeitslevel. Super gemacht und damit auch eine gehörige Prise Schnupf zu Gute! Besten Dank auch dem fleissigen Erschliesser-Team. Ihr habt hier grossartige Arbeit geleistet!