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Gross Bielenhorn "Niedermann"

Gross Bielenhorn "Niedermann-Anderrüthi" 6b, 10 SL
Nach einem harten und langen Arbeitseinsatz am Höhenweg Salbit-Voralp kam ich am Vorabend dieser Tour erst spätabends, ziemlich kaputt und ordentlich gerädert nach Hause. So wollten Richi und ich an diesem herrlichen Sonntag etwas "Gemütliches" klettern. Da durch die Bisenlage alle Wände im Schächental in dichten Nebel gepackt waren, fuhren wir ins Urner Oberland. Während der Fahrt nach Andermatt fiel dann auch sehr rasch die Entscheidung auf die "Niedermann-Anderrüthi" in der Gross Bielenhorn Südwestwand.

Die Route wurde im Jahr 2005 sanft saniert und ist seit dem wieder ein beliebter Alpinklassiker. Der geniale Furkagranit und die wilde Umgebung am Fusse des Galenstocks verleihen der Wand einen speziellen Zauber. Erstaunt waren wir über die aktuelle Schneesituation. Ohne Probleme hätte man vom Furkapass auch mit den Skis zum Einstieg laufen können. Glücklicherweise trug diese durchgehende Schneedecke aber sehr gut, was uns beim Abstieg natürlich sehr gelegen kam. Dies war auch der Grund, warum wir vom Sidelenbach direkt zur Sidelenhütte hochstiegen. So konnten wir am Abend nur noch über die Schneefelder runter ins Tal rutschen, was mit einem Bier, drei krummen Brisagos und etlichen Prisen Schnupftabak intus, gar nicht mal so einfach war...

Der Einstieg zur "Niedermann-Anderrüthi" ist gut zu finden, liegt er doch direkt unter der markanten 90 Meter-Verschneidung, durch die auch die ersten drei Seillängen führen. Am besten steigt man mit dem ganzen Plunder bis auf das markante Band beim aufgemalten Uristier hoch. So kann man trockenen Fusses sich für die Kletterei bereit machen und umgekehrt auch wieder die Bergschuhe montieren und über die ersten steilen Meter des Zustiegsschneefeld abseilen.

Die erste Seillänge beginnt eher harmlos und endet auf einem Band ausserhalb der markanten Verschneidung. In der zweiten Länge ist dann ordentlich Power für die langen Piazstellen gefragt. Zwar kommt immer wieder mal eine Rastposition, mehrheitlich muss man aber wirklich dranbleiben. Hier spürte ich deutlich den gestrigen 13-stündigen Arbeitseinsatz am hängenden Seil. Die Absicherung ist ein Gemisch aus alten und neuen Bohrhaken, zusätzlich kann man auch einiges an Friends und Keilen verlochen.

Da und dort ist für nostalgisch angehauchte Kletterer ein Rest der damals verwendeten Holzkeile zu erkennen. Es ist schon unglaublich, was für Volumen an Material die Erstbegeher hoch geschleppt hatten. Obwohl sie damals sicher viel "geschlossert" haben, verdient die Leistung höchsten Respekt.

Nach drei Seillängen wird es kurz ein bisschen flächer, bevor es dann in die geniale Schlusswand hoch geht. Seit der Sanierung ist der früher oft praktizierte Wechsel rechts rüber zur "Baumann-Müller"-Route völlig obsolet geworden.

Die herrlichen Schuppen und Verschneidungen lassen das Kletterherz höher schlagen. Die neuen Bohrhaken weisen dabei immer wieder den Weg. Ab und zu steckt zur Orientierung auch noch ein alter Haken. Diese zweifelhaften Rostgurken kann man durch gut platzierbare mobile Sicherungsmittel aber sehr gut entschärfen.

In der kaminartigen Verschneidung der 6. Länge bleibt man mit Vorteil eher ausserhalb, d.h. rechts, damit man nicht plötzlich im Schlund dieses Monsters gefangen ist. Weiter oben gehts dann links hinaus auf ein geräumiges Band mit Standplatz. Dort beginnt dann in der siebten Länge die Schlüsselstelle an einem Handriss. Mit einem Friend kann hier der drohende Bodenknaller vor dem zweiten Bohrhaken entschärft werden.

Nachdem man in der letzten Länge fast rund um den Gipfelturm geklettert ist, befindet man sich nach einem Durchschlupf durch ein enges Felsenfenster plötzlich auf einem sehr bequemen Rastplatz.

Hier genossen wir die Ruhe und den Blick in die noch ziemlich weisse Gipfelarena. Die Strahlersaison wird dieses Jahr wohl recht verspätet starten. Was soll's? So bleibt mehr Zeit zum Klettern!

Abseilen geschieht am einfachsten über die obersten drei Längen der "Nolens Volens", anschliessend gelangt man mit einer 50 Meter-Sequenz und wenigen Metern Abstieg über Schrofen in den flacheren Teil, von wo man wieder die Stände der "Niedermann-Anderrüthi" benutzen kann.

Besten Dank an Richi für den herrlichen Tag im Granit. "Gemütlich" sieht zwar etwas anders aus, aber Spass hat es auf jeden Fall gemacht. Ich bin sofort wieder dabei!
Ebenfalls ein herzliches Dankeschön an die Hüttenwartin Gertrud für die flotte Bedienung und das Gratiskafi. Ein Merci an Reto für die vielen Infos zu neuen Routen rund um die Sidelenhütte. Das lockt uns sicher wieder mal hoch ins Granitparadies....