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Saisonrückblick 2009

Die Sonnen- und Schattenseiten der Strahlerei
Ein Rückblick auf die Urner Strahlersaison 2009

Einem langen und äusserst schneereichen Winter folgte glücklicherweise ein warmer und sonniger Frühling. Bereits im Mai erreichte das Quecksilber die Marke von 30° Celsius. Ein Umstand, der einerseits auf eine gut fortgeschrittene Ausaperung in hohen Lagen hoffen liess, anderseits aber auch Befürchtungen weckte, dass sich der Hochsommer wettermässig erneut von der eher „durchzogenen“ Seite präsentieren würde. Der nasse und kalte Juli nährte diese Befürchtungen zusätzlich. Bereits schon hörte man aus Strahlerkreisen erste Wehklagen: „Zuviel Schnee liegt in den Mulden! Es harzt mit Ausapern! Das gibt ein schlechtes Strahlerjahr! Alle Hoffnungen ruhten schlussendlich auf den klassischen Strahlermonaten August und September. Und tatsächlich: der Spätsommer und die Herbstzeit verwöhnten uns mit ausserordentlich schönen Wetterbedingungen. Angenehme Temperaturen und gewitterfreie Hochdrucklagen schufen perfekte Voraussetzungen für den Aufenthalt im Hochgebirge. Getrübt wurde die Freude allenthalben durch die lokal sehr unterschiedliche und stark von der entsprechenden Exposition abhängige Ausaperung der kristallreichen Zonen. Am Tiefengletscher lag vergleichsweise wenig Altschnee, rund um den Feldschijen bedeckte das ungeliebte Weiss aber selbst im September noch zahlreiche alte Klüfte.

Keine neuen Sensationsfunde
Um es gleich vorweg zu nehmen: einen Sensationsfund konnte meines Wissens im vergangenen Sommer niemand tätigen. Sicher wurden aber erneut ein paar schöne Klüfte gefunden, die dem jeweiligen Finder viel Freude bereiteten. In die Reihe dieser glücklichen Strahler reihte sich Rico Betrametti ein. Er fand in der Göscheneralp eine interessante Kluft und konnte daraus schöne Rauchquarzstufen bergen. Wie nah Glück und Pech oft beieinander liegen, zeigte sich auf tragische Art und Weise am Winterstock. Wenige Tage nachdem Jost Herger und Ruedi Dubacher voller Zuversicht eine Helikopterladung Material zu ihrer vielversprechenden Stelle transportieren liessen, stürzte Ruedi über eine Felswand ab und zog sich dabei tödliche Verletzungen zu. Die traurige Nachricht schockte die Strahlergemeinschaft und zeigt uns, dass eine gesunde Heimkehr am Abend immer noch das Wichtigste beim Strahlnen ist. Leider mussten wir im vergangenen Jahr von zwei weiteren, langjährigen und sehr aktiven Strahlern für immer Abschied nehmen. Julius Zgraggen von Erstfeld haben wir vor drei Jahren im Mineralienfreund näher vorgestellt. Er war den Urner Mineralienfreunden stets sehr verbunden und galt bei den Altdorfer Mineralientagen oder bei der Museumseröffnung in Seedorf als gern gesehener Stammgast. Kurz vor dem Wechsel ins neue Jahrzehnt schloss „Juli“, wie ihn alle nannten, für immer die Augen. In der gleichen Woche verstarb auch Josef Tresch von Intschi. Der agile „Sepp“ war in jungen Jahren ein Strahlerkollege meines Vaters und beeindruckte schon damals durch ein unerschrockenes Gemüt und seine Gewandtheit in den Bergen. Seit ein paar Jahren verbrachte Sepp den Sommer auf dem Campingplatz Göscheneralp. Hier, mitten in seinen geliebten Bergen, war er glücklich.

Bern macht das Rennen
Ende August sorgten Kristalle in der Urner Presse für Schlagzeilen. Diesmal war aber nicht ein Neufund für die Journalisten das Thema, sondern der geplante Verkauf der Riesenkristalle vom Planggenstock an das Museum der Burgergemeinde Bern. In das anfängliche Bedauern, dass diese einmaligen Steine nicht im Kanton Uri verbleiben, mischte sich schlussendlich doch die Freude, dass der Fund wenigstens in der Schweiz verbleibt. Die Bundesstadt Bern war ja bis anhin schon ein lohnendes Reiseziel. Ein Stadtbummel, kombiniert mit dem Besuch des Naturhistorischen Museums, wird nun in Zukunft auch für einen eingefleischten „Bergler“ zu einer prüfenswerten Angelegenheit. An der europaweit grössten Mineralienschau in München präsentierten Franz von Arx und Elio Müller ihren Fund und machten dabei beste Werbung für den kleinen Kanton Uri. Die Anfangs November ausgetragene Messe in der bayerischen Landeshauptstadt war auch Ziel einer UMF-Reise. Zur grossen Freude der Organisatoren stiess dieses Angebot auf so reges Interesse, dass ein ganzer Reisecar gefüllt werden konnte. Einige Teilnehmer, die zum ersten Mal in München weilten, waren vom riesigen Mineralienangebot und der internationalen Vielfalt schlichtweg überwältigt.

Ein ungeliebtes Mineral
Zurück zu den Neufunden! Wie bereits erwähnt, blieb im vergangenen Sommer den Urner Strahlern ein ausserordentlicher Fund verwehrt. Eine schöne Kluft konnte Martin Russi in der Furka-Region öffnen. Leider erfolgte vor ein „paar“ Jahren in diesem Hohlraum parallel zur Quarzbildung auch die Ausscheidung von Chlorit, was zu der bei Strahlern nicht sehr beliebten innigen Vergesellschaftung der beiden Mineralien führte. Mit dem gleichen Problem wie Martin hatte ich am Fuss des Galenstocks zu kämpfen. Eine frisch aus dem Gletscher ausgeaperte Stelle schenkte mir elegante, sehr formschön aufgebaute Schwimmerstufen, die aber leider alle ein grünes „Kleidchen“ trugen. An dieser Stelle sei wieder einmal erwähnt, wie oft der Strahler vom Glück beseelt sein muss, bis eine perfekte Stufe bei ihm zuhause in der Sammlervitrine steht. Als Grundbedingung muss zuerst überhaupt eine Kluft gefunden werden. In der heutigen Zeit gar keine Selbstverständlichkeit mehr! Ist die Kluft erst einmal geöffnet, braucht es wiederum sehr viel Glück, dass die darin enthaltenen Mineralien nicht durch tektonische Verschiebungen, durch die Bildung von Permafrost oder infolge früherer Erdbeben beschädigt sind. Sind die Kristalle - welch Wunder - unbeschädigt , drängt sich nun die Frage nach dem Glanz auf! Dabei spielt wie erwähnt der Chlorit oft den Spielverderber und überzieht wunderschöne Stufen mit einem unansehnlichen Belag. Wenn es sich um die stark glänzende, grünliche Chloritvarietät handelt, kann der betroffene Strahler noch von Glück reden. Erscheint der Chlorit aber als braune, glanzlose Schicht von der übelsten Sorte, sucht man sich wohl besser eine andere Kluft. Das grösste Glück beansprucht der Strahler aber sicher, wenn er jeweils gesund und unversehrt am Abend nach Hause kommen darf. Das dieses nötige Quantum Glück manchmal fehlen kann, mussten wir im vergangen Sommer leider schmerzlich zur Kenntnis nehmen. In diesem Sinne wünsche ich allen Kristallsuchern in der kommenden Strahlersaison 2010 viel Glück, Gesundheit und Erfolg.