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Sasso Tròlcia "Il nodo infinito"

Sasso Tròlcia "Il nodo infinito", 7b, 12SL
Nach der langen und anstrengenden Strahlerei im August, die uns eine Fülle an Eindrücken lieferte, kamen mir die paar Schlechtwettertage Anfangs September zur dringend nötigen Regeneration wie gelegen.

Als mein Bruder mich telefonisch zu einer genussvollen Kletterei ins Tessin einlud, sagte ich trotz der noch spürbaren Müdigkeit aber hocherfreut zu. Knapp 35 Jahre klettern wir nun schon gemeinsam: Dies allein ist schon fast ein Garant für eine gelungene Tour.

Rasch waren wir uns einig, dass es eine gemütliche Gneiskletterei rund um Locarno absetzen sollte. Als mein Bruder beim obligaten Cappuccino-Halt in Bellinzona plötzlich vom Sasso Tròlcia sprach, wusste ich aber, dass es heute wohl nichts wird mit Gemütlichkeit. "Il nodo infinito" (6b, 6b+, 6b, 7b, 6a+, 7a, 6c, 6c+, 6c, 6c+, 6b+, 6a) stand schon lange auf Kurt's Wunschliste.

Die durch die Strahlerei bedingte Kletterpause und das eingangs erwähnte Gefühl der Ausgelaugtheit liessen bei mir aber Zweifel über ein gutes Gelingen aufkommen. Anderseits reizte es mich, die Route nun bereits zum 3. Mal zu durchsteigen und damit meinem Bruder eine grosse Freude zu bereiten. Umkehren, sprich Abseilen, konnten wir ja jederzeit...

Die äusseren Bedingungen waren perfekt: Als wir den Einstieg erreichten, verschwand gerade die Sonne um die Ecke - somit herrschten ideale Temperaturen für die schmale Leisten- und Trittkletterei. Bereits in den ersten drei Seillängen merkte ich aber, dass mir die nötige Frische und Unbekümmertheit fehlte. Trotzdem stiegen wir Seillänge um Seillänge weiter.

Die ersten Krampferscheinungen in der kniffligen 7a-Länge beunruhigten mich zwar angesichts der noch anstehenden sechs Seillängen. Ein kräftiger Schluck aus der mitgeführten Trinkflasche und ausgiebiges Schütteln der Unterarme vetrieben zum Glück dieses lähmende Gefühl. Im oberen Teil der Route, in der die Seillängen eher kürzer ausgefallen sind, konnten wir uns wieder etwas erholen, trotzdem musste da und dort der Griff zum Express die fehlende Resistenz ersetzen.

Umso glücklicher erreichten wir nach gut viereinhalb Stunden den höchsten Punkt der Route, wo noch immer ein paar Kletterfinken auf ihren ehemaligen Besitzer warten. Dank der Steilheit der Wand verlief die anschliessende Abseilerei äusserst zügig und brachte uns rasch zurück an den Einstieg.

Endlich konnten wir die lang ersehnten krummen Brissago's entflammen und genussvoll schmauchen. In bester Stimmung wanderten wir durch die märchenhafte Auenlandschaft der Maggia zurück zur schwankenden Hängebrücke, an deren Ende wir leicht beduselt in die gepolsterten Autositze plumpsten.

Es war trotz Kämpfen und Krämpfen ein genialer Klettertag - vielen Dank, Bruderherz!