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Graue Wand "Niedermann"

Gletschhorn Graue Wand "Niedermann", 5c+, 11 SL
Das Motto des heutigen Tages hiess unmissverständlich "Stein- und Eisbrecher". Hier die Erläuterung dazu: Vor etwas mehr als 25 Jahren kletterten mein Bruder und ich an einem sonnigen Wintertag durch die Route "Eisbrecher" in der Grauen Wand. Im oberen Wandteil kamen wir von der Route ab, gelangten aber dadurch an eine offene Kristallkluft. Bereits der erste Blick verriet uns, dass hier noch niemand gearbeitet hatte, lagen doch die Kristallspitzen direkt vor dem Eingang und mussten nur noch geerntet werden.

Leider hatten wir nur unsere Magnesiabeutel dabei, die wir beim Abseilen prall mit Kristallen füllten. Im Sommer darauf stieg mein Bruder durch eine Rinne auf den Gipfel und seilte sich von oben zu unserer Kluft ab. Dabei durfte er eine ganze Ladung voll schöner Kristalle nach Hause tragen.

Von unserem Strahlerbiwak, der "Villa Erotica", können wir jeden Abend direkt in die Graue Wand blicken. Schon oft haben wir uns gefragt, ob wohl noch mehr solche Klüfte in der Wand versteckt sind. Immer wieder schoben wir eine Erkundung auf, da in der Hochsaison zuviel Klettervolk in der Wand war und im Spätherbst oft andere Ziele lockten.

Nun war es aber endlich soweit. Wir standen am Einstieg. Diesen Punkt erreichte ich aber nur mit viel Glück, da ich am Bergschrund mitsamt einer nachgebenden Schneebrücke ein paar Meter tief in den Spalt hinunter stürzte.
Wollen wir den "Eisbrecher" oder die "Niedermann" klettern, war nun die Frage. Da mein Bruder nur mehr ganz selten klettert und zudem das Strahlerwerkzeug hochschleppen musste, entschieden wir uns für die einfachere, aber leider auch weniger lohnende "Niedermann".

Die runden und abdrängenden Risse zu Beginn sind nicht wirklich berrauschend, weiter oben kommen dann ein paar schöne Kletterstellen, besonders der "Geissriggä" bietet schöne Piazkletterei. Kurz unter dem Gipfel durfte ich in einem unangenehmen Riss nochmals "Yosemite-Offwitdh-Feeling" erleben.

In weniger als drei Stunden hatten wir den Gipfelgrat erreicht und machten uns bereit für die lange Abseil- und Erkundungsfahrt. Mit Pendeln suchten wir ständig die Wand nach verdächtigen Kluftanzeichen ab. Da und dort waren ein paar ausgeräumte Löcher zu erkennen, uns interessierten aber viel mehr die noch unentdeckten Kristall-Lagerstätten.

Nach ein paar Abseilfahrten fiel uns ein verdächtiger, mit Gras durchsetzter Felssatz auf, den wir in der Folge länger bearbeiteten. Da wir alleine in der Wand waren, konnten wir ungestört arbeiten und den Schutt in den Abgrund befördern. Bald zeigten sich ein paar Spitzen, wovon die meisten aber beschädigt waren. Schliesslich durften wir trotzdem ein paar Muster einpacken und diesen herrlichen Kletter- und Strahlertag erfolgreich beenden. Vielen Dank an Kurt, es war wieder wie in alten Zeiten!